Innerhalb einer Familienaufstellung spricht man von einem Gewissen eher im Sinne eines Gleichgewichtssinnes, der das Zusammenleben mit einer Gruppe regelt. Wie verhalte ich mich, damit ich zur Gruppe gehören kann und was muss ich unterlassen, damit ich nicht aus der Gruppe ausgeschlossen werde. In einer Familienaufstellung wird zum Beispiel auch oft geprüft, inwieweit ein Teilnehmer in die Schicksale früherer Familienmitglieder verstrickt ist. Verstrickung heißt in diesem Zusammenhang, dass er unbewusst oder bewusst das Schicksal eines bereits verstorbenen Familienmitglieds lebt bzw. wiederholt
Gruppengewissen
Eine Haupthypothese bei Aufstellungen ist die, dass es ein Gruppengewissen gibt, in das die Eltern, Großeltern, Geschwister der Eltern und solche, die Platz gemacht haben, z.B. frühere Ehepartner oder Verlobte, hineinwirken. Wenn einem von diesen Genannten ein Unrecht geschah, gibt es in dieser Gruppe ein Bedürfnis nach Ausgleich. Gleichzeitig umschließt es auch diejenigen, die durch ihren Tod oder Unglück zum Besitz des Systems beigetragen haben.
Ebenfalls zu diesem verbundenen System gehören diejenigen Opfer, die von einem Mitglied des Systems zum Beispiel umgebracht wurden. Auch die Täter gehören zum System ihrer Opfer.
Das Gruppengewissen ist dabei ein Ordnungs- und Gleichgewichtssinn für alle Mitglieder des Systems vorstellen, das jedes Unrecht ahndet und ausgleicht, selbst dann, wenn diese Mitglieder nichts davon wissen und unschuldig sind. Dieses Gewissen gibt allen das gleiche Recht auf Zugehörigkeit, und es nimmt wahr, wenn jemand ausgeschlossen oder vergessen (früh verstorbene oder totgeborene Kinder) oder verdrängt wurde. Wenn zum Beispiel in einer Generation gegen die Liebe verstossen wurde, kann sich das über Generationen als störend auswirken.
Das Gruppengewissen kennt keine Gerechtigkeit für die Späteren, sondern nur für die Vorfahren. Wer einmal zu diesem System, in das er meist hineingeboren oder –geheiratet hat gehört, der hat das gleiche Recht auf Zugehörigkeit, wie alle anderen auch. Dieses kollektive Gewissen hält das System zusammen und achtet darauf, dass kein Mitglied verloren geht oder vergessen wird. Jeder Ausschluss führt dazu, dass innerhalb des Systems ein Ersatz für das ausgeschlossene Mitglied auftaucht, d.h. es wird durch einen anderen vertreten.
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Individuelles oder persönliches Gewissen
Das individuelle Gewissen dagegen regelt die Zugehörigkeit einer Person zu einer Gruppe. Es hat im Prinzip eine dreifache Funktion. Zum einen bindet es an die Familie als primäre Gruppe und anderen wichtigen Gruppen. Da das Gewissen die Zugehörigkeit regelt, dient es auch dem positiven Ausgleich innerhalb meiner Gruppen und somit auch der Ordnung und dem Zusammenhalt. Schuld, wenn man überhaupt von Schuld reden mag, ist die Angst vor dem Verlust der Zugehörigkeit zu meinem System und die Unschuld ist mit der Freude, dass ich zum System dazugehören darf, gleichzusetzen.
Mein persönliches Gewissen nimmt jede Gefährdung dieser Zugehörigkeit wahr und versucht diese Gefährdung zu verhindern, so dass ich meiner Gruppe treu bleiben kann. Gut ist demnach alles, was meiner Zugehörigkeit dient, schlecht alles, was sie gefährdet. Dies erklärt vielleicht auch manchmal die unsinnigen Aktionen, die ein sogenannter “Gruppendurck” bei den einzelnen Gruppenmitgliedern ausrichten und auslösen kann.
Das bedeutet aber auch, dass es immer verschiedene Wahrheiten geben wird, die gleichzeitig richtig sind, weil jeder in das Gewissen seiner eigenen Gruppe eingebunden ist. Wenn sich zwei Menschen zum Beispiel in einer Partnerschaft zusammenfinden, dann treffen diese verschiedenen Wahrheiten aufeinander. Und damit die Partnerschaft gelingt, muss jeder der beiden sein Gewissen verlassen und zusammen bilden sie ein neues Gewissen. Das geht dann meistens einher mit einem sich-schuldig-fühlen gegenüber der eigenen Gruppe, aber eine Weiterentwicklung ist ohne dieses Schuldgefühl nicht möglich.