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Selbstorganisation

Als Selbstorganisation wird in der Systemtheorie hauptsächlich eine Form der Systementwicklung bezeichnet, bei der die formgebenden, gestaltenden und beschränkenden Einflüsse von den Elementen des sich organisierenden Systems selbst ausgehen.

Weniger abstrakt gilt im politischen Gebrauch des Begriffes die Gestaltung des Lebens an sich nach nicht festen, von anderen bestimmten Regeln und ähnelt daher dem Autonomiebegriff. Konkret eingesetzt wird der Begriff bei sich selbstorganisierenden Karten.

Eigenschaften

Selbstorganisierte Systeme haben i. d. R. vier Eigenschaften:

  • Komplexität: Sie sind komplex, wenn ihre Teile durch wechselseitige, sich permanent ändernde Beziehungen miteinander vernetzt sind. Die Teile selbst können sich ebenfalls jederzeit verändern. Komplexität erschwert es, das Verhalten von Systemen vollständig zu beschreiben oder vorherzusehen.
  • Selbstreferenz: Selbstorganisierende Systeme sind selbstreferentiell und weisen eine operationale Geschlossenheit auf. Das heißt, „jedes Verhalten des Systems wirkt auf sich selbst zurück und wird zum Ausgangspunkt für weiteres Verhalten“. Operational geschlossene Systeme handeln nicht aufgrund externer Umwelteinflüsse, sondern eigenständig und eigenverantwortlich aus sich selbst heraus. Selbstreferenz stellt aber keinen Widerspruch gegenüber der Offenheit von Systemen dar.
  • Redundanz: In selbstorganisierenden Systemen erfolgt keine prinzipielle Trennung zwischen organisierenden, gestaltenden oder lenkenden Teilen. Alle Teile des Systems stellen potentielle Gestalter dar.
  • Autonomie: Selbstorganisierende Systeme sind autonom, wenn die Beziehungen und Interaktionen, die das System als Einheit definieren, nur durch das System selbst bestimmt werden. Autonomie bezieht sich nur auf bestimmte Kriterien, da eine materielle und energetische Austauschbeziehung mit der Umwelt weiterhin besteht.

Geschichte

Der Begriff der Selbstorganisation wurde in den 50er Jahren von W. A. Clark und B. G. Farley geprägt:
“Sie erkannten, daß sich Operatoren, die in einer geschlossenen Beziehung stehen, irgendwie stabilisieren und beobachteten – noch ohne eine Theorie der rekursiven Funktionen oder des Eigenwertes zu kennen – das Phänomen, daß bestimmte geschlossene Systeme nach einer bestimmten Zeit stabile Formen des Verhaltens entwickeln”.

In sozialen Systemen lässt sich beobachten, wie Ordnung – unabhängig von den Handlungen eines Organisators – aus dem System selbst heraus entsteht. Diese Erscheinung wird als Selbstorganisation bezeichnet. Die Selbstorganisation ist ein nicht nur in der Systemtheorie populärer Begriff. Ihm kommt sowohl in sozialen als auch in natürlichen, physikalischen, biologischen, chemischen oder ökonomischen Systemen Bedeutung zu. Auch geht das Konzept der Rätedemokratie und ihrer sozio-politischen Ansätze davon aus, dass die zur Selbstorganisation erforderlichen Handlungsspielräume gegen bestehende Formen der Fremdbestimmung erkämpft werden müssen. Diesem Ansatz zufolge können die Menschen nur dann ihr Leben selbst in die Hand nehmen, wenn sie auch die Produktionsmittel kontrollieren und nicht hierarchischen Organisationen unterworfen sind.

Selbstorganisation

Die Vor- oder Urgeschichte der Selbstorganisation umfasst den Zeitraum vom griechisch-römischen Altertum bis etwa zur Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts. Schon im alten Griechenland spekulierten Philosophen über Chaos und Turbulenz als Ursache von Ordnung. In der Philosophie des Aristoteles könnte man Selbstorganisation auch als Entelechie bezeichnen. In den Naturwissenschaften des achtzehnten, neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhunderts dominierten mechanistische Denkweisen, die sich unter anderem auch in Darwins Evolutionstheorie widerspiegeln. Die eigentliche Entstehungsgeschichte der Selbstorganisation beginnt jedoch erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Der relativ späte Zeitpunkt hat mehrere Ursachen, zunächst verhinderte das vorherrschende mechanistische Paradigma das notwendige Umdenken, außerdem wurden mit Selbstorganisation in Verbindung stehende Phänomene ignoriert. Gegenwärtig kann noch nicht von einer Theorie selbstorganisierender sozialer Systeme oder von empirisch getesteten Hypothesen gesprochen werden.

Der universellen Anwendbarkeit verdankt der Begriff der Selbstorganisation seine breite Resonanz.

Selbstorganisation in der Systemtheorie

Selbstorganisation ist das spontane Auftreten neuer, stabiler, effizient erscheinender Strukturen und Verhaltensweisen (Musterbildung) in offenen Systemen. Das sind Systeme, die sich fern vom thermodynamischen Gleichgewicht befinden, die also Energie, Stoffe oder Informationen mit der Außenwelt austauschen. Ein selbstorganisiertes System verändert seine grundlegende Struktur als Funktion seiner Erfahrung und seiner Umwelt. Die interagierenden Teilnehmer (Systemkomponenten, Agenten) handeln nach einfachen Regeln und erschaffen dabei aus Chaos Ordnung, ohne eine Vision von der gesamten Entwicklung haben zu müssen.

Ein einfacher Fall von (physikalischer) Selbstorganisation ist z. B. das Auftreten von Konvektionszellen beim Erhitzen von Flüssigkeiten (Bénard-Experiment).

Das Konzept der Selbstorganisation findet man in verschiedenen Wissenschaftsbereichen wie z. B. Chemie, Biologie (Gerichtete Faltung und Assoziation von Proteinen, Helix-Bildung der DNA, …), Soziologie usw.

Kriterien

Um von Selbstorganisation sprechen zu können, müssen folgende (nicht voneinander unabhängige) Kriterien erfüllt sein:

  • Die Evolution eines Systems in eine räumlich/zeitlich organisierte Struktur ohne äußeres Zutun
  • Die autonome Bewegung in immer kleinere Regionen des Phasenraumes (sogenannte Attraktoren)
  • Die Entwicklung von Korrelationen oder raumzeitlichen Mustern zwischen vorher unabhängigen Variablen, deren Entwicklung nur unter dem Einfluss lokaler Regeln steht

Weitere Anwendungen

Anwendung findet die Selbstorganisation z.B. in der Betriebswirtschaftslehre, in Entbürokratisierungsprozessen, Abbau von Hierarchien, Entwicklung innovativer Strukturen, Gruppenentwicklung und Gruppenarbeit, Schaffung von humanen und effizienzfördernden Arbeitsbedingungen, Schule und Unterricht, Kinder- und Jugendarbeit usw.

Fremdorganisation ist das Gegenteil der Selbstorganisation. Dabei haben die Beteiligten in den jeweiligen Systemen keine Möglichkeit, sich oder ihre Handlungsprozesse selber zu gestalten. Es wird nach strengen, unflexiblen und unveränderbaren organisatorischen Regeln verfahren. Beispiele und Vertreter sind der Bürokratieansatz von Max Weber, das Scientific Management von Frederick Winslow Taylor.

Literatur

  • Elisabeth Göbel: Theorie und Gestaltung der Selbstorganisation. Duncker und Humblot, Berlin 1998
  • Wolfgang Krohn/Günter Küppers: Selbstorganisation: Aspekte einer wissenschaftlichen Revolution. Vieweg, Wiesbaden 1990
  • Niklas Luhmann: Soziale Systeme: Grundriß einer allgemeinen Theorie. Suhrkamp, Frankfurt 1987

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