Krieg und Kriegsverbrechen sind in Familienaufstellungen durchaus Themen, die nicht selten, sondern häufig auftauchen. Ich habe das Gefühl, dass die direkte Kriegsgeneration aus dem Weltkrieg II und auch die erste Generation danach gar nicht drüber reden wollte oder konnte. Dass sich für viele Kriegsteilnehmer das Grauen des Krieges und die Bilder aus dem Krieg so in die Hirne eingebrannt haben, dass sie nach dem Krieg oft in einer Parallelwelt lebten und für die anderen Familienmitglieder nicht richtig erreichbar waren.
Das bemerken wir sehr oft daran, dass es in den Familienaufstellungen Menschen gibt, die sich und andere nicht wahrnehmen und fühlen können, die seltsam unbeteiligt wirken und nichts an sich heranlassen und an die auch nichts herankommt.
Und was unausgesprochen im Raum steht, steht meist sehr schwer und massiv im Raum.
Oft stehen in Familienaufstellungen den Soldaten ihre Opfer gegenüber, die manchmal in Notwehr umgebracht wurden und manchmal aus Gehorsam. Oder Soldaten, die neben sich ihre Kameraden nicht mehr aus dem Krieg zurückkommen sahen (“Warum er und nicht ich”) oder die die vielen Opfer unter den Zivilisten sahen und/oder sich selbst hier schuldig gemacht haben. Besonders traumatisiert sind nach meiner Erfahrung die Angehörigen von Sonderkommandos, die besonders gnadenlos und kaltblütig sein mussten und meist auch waren. Die Folgen waren Depressionen, Süchte und vielfach schwere Krankheiten.
ERKENNEN SIE IHRE MUSTER
Lösungsorientierte Familienaufstellungen in Schondorf bei München
Kriege haben massive Auswirkungen auf Familiensysteme
Oft sind bei der direkten Kriegsgeneration folgende Symptome zu beobachten:
- Dauerndes Bedürfnis über die Geschehnisse zu reden
- Emotionale Abwesenheit
- Kinder als die einzige Hoffnung weiterzuleben
- Schweigen
- Verstärkter Glauben
- Panische Ängste und Überängstlichkeit
- Schuldgefühle
- Oftmals Rollenumkehr = Die Eltern werden bedürftig
Betroffene Generationen
- Generation der tatsächlichen Kriegsteilnehmer: 1915 – 1925
- Vorkriegsgeneration: 1925 – 1939
- Kriegskinder: 1939 – 1945
- Nachkriegskinder: 1945 – 1954
Vor allem die heutige Vätergeneration (1935 – 1945) wirkt derzeit verstärkt in den Aufstellungen. Und zwar durch das, was sie direkt durch ihre Väter, aber auch durch die Erlebnisse in den Kriegstagen erlebt haben, ohne direkt in die Kriegsgeschehnisse als Soldaten involviert gewesen zu sein.
Die Folgen für die spätere Generation
Die Folgen des Krieg: Die Kinder erlebten ihren Vater als nicht präsent oder gewalttätig und jähzornig usw. Manchmal wuchsen sie in einem Haus voller Angst auf. Und zwar dann, als sie Fürsorge benötigten. Sie erlebten ihre Eltern als gefühlstot und sind verunsichert durch deren durchschlagende Traumagefühle. Sie selbst erhalten dadurch eine andauernde Existenz- und Identitätsunsicherheit, die sich manchmal in unkontrollierbaren Ängsten äußert.
Und so langsam tauchen die Traumata in der zweiten oder dritten Generation auf – die Verstrickten mit den Opfern ihrer Großväter oder Väter; die Schuldbeladenen in der Jetztzeit, weil das Familienvermögen auf Raub/Betrug aufbaut; die Nachkommen von SS-Offizieren, die in Loyalität zu den Opfern krank werden und die Nachkommen von KZ-Personal, die in ihrer eigenen Art leiden. Die Familienseele duldet keinen Ausschluss – und besteht dieser Ausschluss auch nur aus “Nichterzählen” oder “verschweigen”.
Ein Benennen, ein an den Tag bringen, ein Gegenüberstehen der Opfer löst vielmals aus dieser emotionalen oder tatsächlichen Starre aufgrund von Krieg und führt ins Leben. Wenn vielleicht nicht mehr für die Großväter- und Vätergeneration, so doch für die Enkel. Oftmals hilft gerade in Familienaufstellungen das “direkte ins Auge des Opfers schauen”, um diese Erstarrung und Traumatisierung zu lösen.