Manchmal habe ich in meinen Familienaufstellungen oder Coachings Kunden, denen es deshalb nicht gut in ihrem Leben geht, weil sie meinen , dass sie am Schicksal eines anderen Menschen Schuld seien bzw. durch ihr Sein einen anderen Menschen nachhaltig schädigen. Zum Beispiel, weil man sich nicht nur auf sein Kind gefreut hat, das Kind nun krank sei. Das würde dann im Umkehrschluss bedeuten – wenn ich mich nur genug positiv auf etwas einstelle, dass das dann auch positiv ausfällt – das Leben als beherrschbare Excel-Zelle also.
Ich denke, dass wir – um beim Beispiel des Kindes zu bleiben – einem Kind maßgeblich mitgeben können, wie es sich später in seinem Bindungsverhalten und in seiner Selbstsicherheit entwickeln wird, mehr aber nicht. Ausgenommen natürlich, während der Schwangerschaft wurde mit natürlichen und synthetischen Giften experimentiert, was in den meisten Fällen gesundheitliche Folgen, nicht nur für das Kind hat. Dann wäre ein Bezug auf die eigene Schuld möglich.
Erleichterung und Entlastung
Erleichterung und Entlastung sind dann meistens die Reaktionen, wenn ich beginne, solche verquasten Gedanken aufzudröseln und mit unseren Klienten einen Realitätscheck zu machen. Erleichterung auch darüber, dass manchmal mehr als zwei Gefühle auf einmal da sein dürfen – vor allem bei Müttern. Und dass viele Dinge einfach normal und biologisch/neuronal erklärbar sind. Oder aus den Bindungserfahrungen des Kindes, denn jedes Kind benötigt zu jedem Zeitpunkt seiner Entwicklung bestimmte Dinge, damit es gut und sicher wachsen kann.
Und es in den meisten Fällen darauf hinausläuft, wie gut eine Regulierung des eigenen Stresses gelingt. Und vielleicht auch ein Akzeptieren von Dingen, die im eigenen Leben so passiert sind. Faktisch. Und die zum eigenen Leben dazugehören. Denn – wenn ich versuche, einen Teil meiner Vergangenheit aus meinem Leben zu drängen, verdränge ich gleichzeitig auch einen Teil meines Lebens aus dem Hier & Jetzt. Und das ist in jedem Fall schade. Weil es meine Biographie ist und zu meinem Leben gehört. Ich kann nur lernen, immer besser damit umzugehen.