Wut ist ja auch so ein Tabuthema unserer Gesellschaft. Angepasst, gesittet und wohltemperiert soll es zugehen, bitte kein lautes Wort und bitte auch keine übermäßigen Emotionen. Vielleicht von denen noch am ehesten Trauer & Tränen, denn dann können wir in den Arm nehmen und knuddeln. Aber Wut – bitte nein. Doch wohin damit, wenn man bemerkt, dass sie in einem steckt. So viel Sport kann keiner machen, damit das Gefühl & der Druck aus dem Körper geht. Und manchmal hat man schon so viel Wut in sich angesammelt, dass man Angst hat, man platzt. Meistens bekommen dann diejenigen Ereignisse eine gehörige Wutportion ab, die es gar nicht in der Dimension verdienen.
Wie gehe ich nun mit meiner Wut um?
Ein Beginn kann sein, anzuerkennen, daß sie da ist. Die Wut. Und vielleicht zu einem gehört. Anstatt sie zu überdecken. Und wenn sie dann schon mal da sein darf, kann man auch weiterforschen. Vielleicht taucht unter der Wut ja noch was anderes auf. Vielleicht Ohnmacht und Trauer, und vielleicht auch Hass. Beobachten Sie die nun anerkannte Wut mal für ein paar Tage – gehört sie Ihnen? Oder jemand anderem aus ihrem System? Soll Ihnen jemand durch sie nicht zu nahe kommen? Oder ist es die Wut, daß man traurig und ohnmächtig einer Situation gegenüber steht?
Und manchmal reicht es, die eigene Wut willkommen zu heißen, sie zu umarmen, wie es Thich Nath Hanh meinte. Beides heißt, ihr nachzugehen. Um vielleicht über das nachgehen wieder ins Handeln zu kommen. Die eigene Ohnmacht zu besiegen und gleichzeitig die Kraft zu nutzen, die in jeder Wut liegt, um wieder handlungsfähig zu werden.
Ein guter Umgang mit Wut ist auch der, den Pegel erst gar nicht so ansteigen zu lassen. Und manchmal zu entdecken, dass man auch unangenehme Dinge in Partnerschaft und innerhalb einer Ver-Bindung ansprechen kann, ohne dass die Partnerschaft auseinander bricht und die Bindung dadurch zerstört wird. Dadurch kommt keine neue Wut ins System und die alte Wut wird stückweise nachhaltig abgebaut.