Was ich aus den letzten Aufstellungen so mitnehme, ist besonders eine Aufstellung einer Frau, die eine weite Anfahrt auf sich genommen hat. Ihr Wunsch – ihre beiden erwachsenen Kinder hatten sich im Laufe der Zeit distanziert und waren sowohl emotional als auch verbal kaum noch ansprechbar. Was schnell sichtbar wurde – das vor allem belastete Kind schaute vor sich auf den Boden in der Mitte der Gruppe. Also legte ich dort einen Teppich als Platzhalter hin. Das Setting beruhigte sich. Ich fragte dann die Fragende, ob sie denn schon einen Abgang oder eine Totgeburt hatte, was sie bejahte.
Das wäre das erste Kind in der Familie gewesen, schon 30 Jahre her. Also hatten wir etwas, was den Teppich „mit Leben füllte“. Etwas später meldete sich eine Teilnehmerin, die zwar nicht als Stellvertreterin ausgesucht worden war, sondern als Beobachterin am Rande saß. Sie hatte sich während der Aufstellung vom Stuhl auf den Boden gesetzt und kam nun als eben dieser Abgang in die Aufstellung rein.
Ungeweinte Tränen können den Lebensfluß blockieren
Spätestens zu diesem Zeitpunkt kam Leben in die Aufstellung. Das belastete Kind kam von seiner Position zu seinem ungeborenen Geschwisterchen und setze sich neben es. Es entstand Ruhe und eine heitere Gelassenheit. Er hatte endlich jemand, mit dem er zusätzlich spielen konnte und stellte sich vor, wie es ist, zu Dritt spielen zu können. Der erstgeborene Sohn stand dabei noch unschlüssig herum und fand seinen Platz nicht, rückte aber dennoch ebenfalls näher an seinen ungeborenen Vorgänger ran.
So entstand eine wohltuende Ordnung und Atmosphäre im Raum. Die Fragestellerin konnte nochmals nachtrauern und das ungeborene Kind fühlte sich erstmals gesehen und gewürdigt und mit einem „Schade“ verabschiedet. Später erzählte mit die Fragestellerin, dass sie nie mit ihrem Mann darüber gesprochen hatte, beide hatten still vor sich hin getrauert, aber nie gemeinsam. Und dass sie seit geraumer Zeit ehrenamtlich im Kinder-Hospiz arbeitet. Vielleicht eine kleine Vorbereitung für das, was sie in der Aufstellung erwartet hat.